Mission ist eine selbstverständliche und elementare Lebensäußerung der Kirche und des Glaubens des einzelnen Christen.

Wo durch Reformation oder Erweckung geistliches Leben neu erwacht, ist dies immer verbunden mit einer Öffnung hin zu denen, die noch im Unglauben gefangen sind. Eine entscheidende Hinwendung zu Jesus Christus führt auch zu einer einladenden Zuwendung zu anderen, die GOTTes Gnade und Liebe noch nicht kennen gelernt und angenommen haben. Eine bekenntnisgebundene Kirche ist bekennende und missionierende Kirche zugleich. Legitimiert sieht die Lutherische Kirchenmission diesen Anspruch in der Berufung auf Bibelstellen wie die folgenden:

  • Johannes 20,21: „Gleichwie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch.“
  • Matthäus 28,18-20: „Mir ist gegeben alle Vollmacht im Himmel und auf Erden. Gehet hin in alle Welt und macht zu Jüngern alle Völker: tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“
  • 1.Petrus 2,9: „Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen sollt die Wohltaten des, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht.“
  • 1. Thessalonicher 2,4: „weil GOTT uns für Wert erachtet hat, uns das Evangelium anzuvertrauen, darum reden wir, nicht, als wollten wir Menschen gefallen, sondern GOTT, der unsere Herzen prüft.“
    Missionarische Verkündigung als Aufgabe stellt sich überall ein, wo Menschen der Nicht-Kirche sind, in allen Kontinenten, über alle Zeiten hinweg, jenseits jedweder Religionszugehörigkeit. So ist die Kirche immer wieder zur Erneuerung in der Mission und zur Gewinnung des Zugangs zu den Menschen dieser Welt gerufen.

Missionarische Verkündigung ist Aufgabe eines jeden Christen, steht aber nicht losgelöst von dem Dienst der Kirche und der Christenheit. Mission ist keine „Privatsache“, sondern Lebensäußerung der „einen, heiligen, christlichen und apostolischen [verstanden im Sinne von „gesandten“] Kirche“ (Bekenntnis von Nicäa). „Mission ist die eine Kirche in ihrer Bewegung“ (W. Löhe). Daher versteht sich die Lutherische Kirchenmission bewusst als Kirchenmission, als Missionswerk der Kirche, in ihrer Gestalt als lutherischer Kirche.

Missionarische Verkündigung geschieht durch Wortverkündigung und Feier der Sakramente (Taufe & Abendmahl [und Beichte]) im Gottesdienst, durch das persönliche Gespräch, das Gemeindeglieder ebenso selbstverständlich wie Pastoren oder Missionare führen, durch Einladungen zu Katechese und Unterweisung, durch Einladungen zu kirchlichen Veranstaltungen, durch Verteilen von Informationsblättern, durch die werbende Kraft des gemeindlichen Lebens und der kirchlichen Feste und Hochfeste, durch Evangelisationsveranstaltungen, durch Glaubenskurse und vielerlei andere, oft zufällig anmutende Weisen. Neben dem gesprochenen Wort spielen Musik (insbesondere die Kirchenmusik) oder Theater (Laienspielgruppen) eine große Rolle. Das gedruckte Wort und eine Öffentlichkeitsarbeit im Internet kommen hinzu. Wert gelegt wird dabei auch auf Hilfen zur grundsätzlichen Orientierung, wie etwa durch Bibelübersetzung in Kalanga, die Übersetzung der Bekenntnisschriften in Zulu oder Tswana oder theologisches Schrifttum für den kirchlichen Gebrauch. Die Verkündigung geschieht durch Wort und Tat. Das Verhalten eines Christen ist ein sprechendes Zeugnis von seinem Lebenshintergrund und seiner Hoffnung. Ein Christ wendet sich in seiner Liebe zu Gott auch dem Mitmenschen zu, in allen äußeren, innern oder geistlichen Nöten und ist um möglichst ganzheitliche Hilfe bemüht: unter dem Vorzeichen des heilbringenden Trosts des Evangeliums. „Missionarisches Zeugnis und Entwicklungsdienst, Verkündigung des Heils und verantwortliche Mitwirkung am gesellschaftlichen geschehen gehören zusammen… 56. Das bedeutet zum einen: Mission ruft nicht nur zum Heil auf, sondern geht Hand in Hand mit dem Dienst, der Hilfe und Heilung bringt. Hunger und andere Nöte –insbesondere psychische und krankheitsbedingte- wird rechtverstandene Mission angemessen berücksichtigen. Das missionarische Zeugnis kann die Lebensumstände der konkreten Person, an die sie sich richtet, nicht übersehen.“ (Handreichung Entwicklungszusammenarbeit, 2005)

Die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) nimmt an der weltweiten Aufgabe der Mission in kirchlicher Verantwortung teil.

„Mission und Diakonie sind ungeachtet der Rechtsform ihrer Werke durch den Auftrag Gottes geforderte Lebensäußerung der Kirche und ihrer Gemeinden“ lautet Artikel 8,1 der Grundordnung der SELK. Mit anderen konfessionellen lutherischen (Minoritäts-) Kirchen in Europa, Amerika und Afrika stützt sie die Arbeit der „Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission)“ e.V. Missionare werden ausgebildet, ausgesandt und in der Regel vollzeitig angestellt, sie arbeiten in Brasilien, Botswana, Südafrika und Deutschland [Stand 2005]. Lutherische Mission hat die SELK und ihre Vorgängerkirchen verwirklicht gesehen in dem 1836 zunächst in Dresden gegründeten Ev.-Luth. Missionswerk in Leipzig („Leipziger Mission“), in der 1849 von L. Harms gegründeten Ev.-Luth. Missionsanstalt in Hermannsburg („Hermannsburger Mission“) und nicht zuletzt in ihrem eignen Missionswerk, der „Mission Ev.-Luth. Freikirchen“, ehemals „Mission der Hannöverschen Ev.-Luth. Freikirche“ („Bleckmarer Mission“), gegründet 1892. Zu den Missionswerken in Leipzig und Hermannsburg gibt es finanzielle (Leipzig & Hermannsburg) und zum Teil auch personelle Unterstützung (Hermannsburg). Eine besondere Nähe wurde zu dem Gründer der „Gesellschaft für Innere und Äußere Mission im Sinne der luth. Kirche“ (gegründet 1888), Wilhelm Löhe empfunden. Die Lutherische Kirchenmission war von Anfang an in den deutschen Evangelischen Missionswerken als Partner oder Vereinbarungspartner eingebunden, gegenwärtig im „Evangelischen Missionswerk“ (EMW). Die Zusammenarbeit mit anderen Werken ist in der Handreichung „Ökumenische Verantwortung“ (1994) [1.1.7: „Gemeinsamkeit der Christen vor der Welt“] geregelt: „Alle Christen sollen Notleidenden helfen, für die Würde und das Lebensrecht aller Menschen eintreten und sich einsetzen für den Frieden unter den Völkern und Menschen und für die bedrohte Schöpfung. Diese Aufgaben können sie vielfach am besten gemeinsam nachkommen.“ Eine gezielte evangelistische Arbeit mit anderen Kirchen oder Gemeinschaften (Pro Christ, Ev. Allianz) wird auf regionaler oder örtlicher Ebene von Fall zu Fall seitens der Pfarrer, Kirchenvorstände und Gemeinden der SELK entschieden.

Das Selbstverständnis der „Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V.“

Folgende Leitsätze beleuchten das Selbstverständnis der „Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V.“:

„Lutherische Kirche kann nur lutherische Mission treiben, lutherische Mission kann nur von einer lutherischen Kirche getrieben werden“ (Leitsatz von 1892), von der her sich die Mission als Kirchenmission versteht, also als Anliegen der Kirche als ganzer und nicht als eine Gesellschaft von Freunden und Förderern innerhalb einer Kirche;
„Lutherische Mission muss zu lutherischer Kirche führen“ (Leitsatz von 1957), mit der sich die kirchlich-konfessionelle Bindung des Missionswerks auch in der Etablierung einer eigenständigen Kirche im südlichen Afrika niederschlägt;
„Christliches Zeugnis in der Welt. Christliche Zeugen für die Welt“ (Leitsatz 2005), mit der sich die Lutherische Kirchenmission eine Vision und darausfolgend eine Strategie für künftiges missionarisches Handeln zu eigen gemacht hat.
Ursprünglich arbeitete die LKM im südlichen Afrika unter den Zulu und Tswana. Sie begegnete dabei der traditionellen afrikanischen Religion und setzte sich damit auseinander. Neben dieser traditionellen Aufgabe wurden auch die südafrikanischen Inder (d.h. Hindus oder Muslime) und die San (Tsoa [„Buschmänner“]) in der Kalahari als auch die Kalanga im Norden Botswanas in den Blick genommen. Insbesondere wird die 1967 aus der Missionsarbeit hervorgegangene „Lutheran Church in Southern Africa“ (LCSA) begleitet. Landwirtschaftliche und handwerkliche Entwicklungszusammenarbeit ist in der Regel mit der Auflösung der ehemaligen „Missionsstationen“ aufgehoben worden, wie es auch für die ehemaligen Schulen und Krankenhäuser der Mission gilt, die im Laufe der Zeit seitens des südafrikanischen Staates übernommen wurde. Sendboten der Bleckmarer Mission waren auch – mal kürzer, mal länger – in lutherischen Kirchen in Australien und Brasilien tätig, die sich – nach einer Sammlung deutscher Einwanderer – allen Bevölkerungsgruppen missionarisch geöffnet haben. Das gilt auch für die Arbeit unter deutschen Einwanderern im südlichen Afrika, die sich zur „Freien Evangelisch-Lutherischen Synode in Südafrika“ zusammengeschlossen haben. Auch hier ist inzwischen eine Öffnung allen in Südafrika lebenden Bevölkerungsgruppen gegenüber geschehen. Zur gemeinsamen Geschichte der LKM und der LCSA gehört auch die theologische Bewältigung der Zeit der Apartheid (1948-1996) in Südafrika. Neue Aufgaben stellten sich seit 1996 in Deutschland, wo eine Missionsarbeit unter Spätaussiedlern als auch missionarische Aufbrüche im Osten Deutschlands zu verzeichnen waren. Im Fokus der gegenwärtigen Überlegungen zum Thema „Mission in Deutschland“ liegen die Aufgaben unter Migranten einerseits (seit 2000) und eine weitere Befähigung der SELK-Gemeinden zum missionarischen Zeugnis in ihrer eigenen Umgebung andererseits (seit 2004).

Im Jahr 2017 wurde von der Missionsleitung ein Wort zum 125-jährigen Bestehen veröffentlicht, in dem die Aufgaben der Mission für die Gegenwart zusammengefasst wurden:

Mit diesem Beschluss wurde heute vor 125 Jahren, am 14. Juni 1892, auf der Synode der Hannoverschen Evangelisch-Lutherischen Freikirche, einer Vorgängerkirche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), im niedersächsischen Hermannsburg die „Mission der Hannoverschen Evangelisch-Lutherischen Freikirche“ gegründet, die unter ihrem heutigen Namen „Lutherische Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V“ (LKM) das Missionswerk der SELK ist.

Auch 125 Jahre nach der Gründung ist die Arbeit der Lutherischen Kirchenmission noch aktuell und gefragt. Dies zeigt sich derzeit vor allem an der großen Nachfrage aus verschiedenen afrikanischen Kirchen nach Unterstützung bei der Ausbildung von Geistlichen für teilweise stark wachsende lutherische Kirchen.

Die LKM ist Teil christlicher Mission, die in unserer Zeit besonders in westlichen Gesellschaften vielfach nicht mehr verstanden oder ganz abgelehnt wird. Zum heutigen Jubliäumstag veröffentlicht die Missionsleitung der LKM daher folgendes Wort an alle Christen in den Gemeinden und Kirchen, die hinter der LKM stehen oder aus ihrer Arbeit hervorgegangen sind:

  1. Die Missionsleitung der Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V. ist dankbar für die vergangenen 125 Jahre, in denen die LKM von Jesus Christus, dem Herrn und Erlöser der Welt, durch Höhen und Tiefen getragen wurde und in denen auch durch die Boten der LKM das Evangelium verkündigt werden konnte.
  2. Die Missionsleitung stellt sich uneingeschränkt hinter den Missionsbefehl, den Jesus Christus seinen Jüngern gegeben hat: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matthäus 28,18-20)
  3. Der Missionsbefehl ist universal, denn Gott ist Schöpfer und Herr der ganzen Welt. Mission bringt Menschen zusammen über alle Grenzen von Volk, Hautfarbe, Kultur, Alter oder Geschlecht und befreit zu neuem Leben.
  4. Alle Menschen sind zum Heil in Jesus Christus gerufen. Allein am Glauben an Jesus Christus entscheiden sich Heil oder Unheil jedes Menschen: „In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ (Apostelgeschichte. 4,12)
  5. Die Lutherische Kirchenmission handelt darum ihrem Auftrag gemäß, indem sie zum Glauben und zur Taufe ruft und darauf vertraut, dass Gott selbst seinen Heiligen Geist gibt und durch sein Wort seine Kirche baut.
  6. Mission bleibt darum auch heute Aufgabe der Kirche und jedes einzelnen Christen, bis Jesus Christus am Ende aller Tage wiederkommt.

Bleckmar, 14. Juni 2017
Die Missionsleitung der Lutherischen Kirchenmission (Bleckmarer Mission) e.V.

Hilfen zur geistlichen Stärkung und der Stärkung der missionarischen Verantwortung sowie zur Information über die Arbeit der Mission werden in besonderen Veranstaltungen und durch das „Missionsblatt“ (Auflage 4.500 [2023]) gegeben. Dabei spielen regional verbreitete „Missionsfeste“ und Missionsveranstaltungen eine erhebliche Rolle. Missionare sind regelmäßig im Heimatdienst tätig, berichten und werben damit für die Sache der Mission.

Die LKM wird durch Zuwendungen (Spenden) einzelner Mitglieder und Kollekten der Gemeinden der SELK finanziert.

Zentrum der Mission ist das Missionshaus in Bleckmar bei Bergen (Kreis Celle). Es ist zugleich Verwaltunssitz, Ausbildungsstätte (Workshops) und Tagungszentrum.

Aspekte lutherischer Mission in der Erfahrung des ökumenischen und pluralistischen Umfelds in Deutschland

Insbesondere aufgrund der Erfahrungen in Deutschland im Zusammenhang mit dem Zeugnis unter den Juden (an dem die SELK in durch einzelne Gemeinden seit der Gründung des „Evangelisch-Lutherischen Zentralvereins für Mission unter Israel“ [unter Franz Delitzsch] und in der Unterstützung einzelner Missionare unter Juden bedeutenden Anteil teilhatte) hat die SELK sich (1998) in einer Handreichung „Lutherische Christen und Juden“ zum Thema (wie schon in einem Grundsatzpapier von 1992) geäußert:

  1. Gott ist einer: „Wir bekennen uns mit den Juden zu dem einen GOTT (Ex.20,3-6; Dtn 6,4f; Jes 42,8). Jesus hat dies Bekenntnis ausdrücklich bestätigt (Mk 12,29f). Die Christen können Jesus Christus nur so als ihren Herrn bekennen, dass sie zugleich Gott als ihren Vater bekennen (I Kor 8,6; Eph 4,1-6) „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ (Mt 16,16; vgl. Röm 1,7) Das Bekenntnis zu dem einen Gott verbindet Juden und Christen in grundlegender Weise. … Ihr Bekenntnis zu dem einen Gott legen Christen jedoch in der Gewissheit ab, dass Gott sich in neuer und die Endzeit eröffnender Weise in Jesus von Nazareth als dem Christus offenbart hat. Wir glauben, dass Gott seine Liebe und sein Heil für alle Menschen in ihm erschlossen hat. […]“
  2. Das universale Heil in Christus: „[…] Nur Gott selber, der die Rettung der Juden und aller Menschen will, wird durch die Verkündigung des Evangeliums Menschen zum Glauben an Jesus Christus als seinen Sohn und zur Erkenntnis des Heils überwinden. Den Christen steht deshalb weder ein Gefühl der Überlegenheit zu, noch ein Recht, auf Juden in irgendeiner Weise Druck auszuüben. Jedoch sind Christen auch den Juden das Zeugnis von der Hoffnung, die in ihnen ist, schuldig. Ein grundsätzlicher Verzicht darauf würde die universale rettende Kraft des Evangeliums für die Juden und alle anderen Menschen verleugnen. (Röm 1,16; I Petr 3,15)“
  3. Das Evangelium auch für die Juden: „[…] Insbesondere hat Gott seine Verheißungen an das Volk Israel nicht widerrufen, sondern hält an seiner Erwählung fest (Röm 11,2.28f) […] Die Christen sollen so leben, dass ihr Verhalten in Wort und tat einladend wirkt und die Liebe widerstrahlt, die Gott nicht nur ihnen allein zuwendet, sondern allen Menschen. Gerade gegenüber Juden in ihrer unmittelbaren Nähe haben sich Christen lange Zeiten hindurch weithin unchristlich und in entsetzlicher Weise unmenschlich verhalten. So sind wir ihnen nicht nur das christliche Zeugnis schuldig geblieben, sondern haben auch nachhaltig ein falsches Zeugnis abgelegt. Den Juden ist damit ein Zerrbild des christlichen Glaubens vermittelt worden. Diese Belastung lässt sicht nicht durch bloße Worte überwinden, sondern nur durch geduldiges Aufeinanderzugehen. Wir glauben, dass die Schuld, die unser Verhältnis belastet, überwunden werden kann, indem wir als Christen und Juden voreinander und vor Gott die Schuld bekennen, die wir jeweils auf uns geladen haben, und Gottes Vergebung empfangen. In dieser Hoffnung wagen wir als Christen trotz einer langen Geschichte des Scheiterns neue Begegnungen mit Juden. Die Kraft der zur Versöhnung trauen wir der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus zu, das in seine umfassende Heilswirkung gerade auch die Überwindung aller Trennung mit einschließt (Eph 2,14-18: II Kor 5,19-21). Diese für alle Menschen rettende Botschaft dürfen wir bezeugen. Zugleich warten wir auf den Tag, an dem Gott den Frieden seines ganzen Volkes vollenden wird, dass heißt aller Menschen, die er geschaffen, durch sein heil gerettet und zum ewigen Leben berufen hat.“

Die bewusste Wahrnehmung einer inzwischen pluralistischen und längst multireligiösen Gesellschaft in Deutschland und das Zusammenleben mit Muslimen bewirkte eine „Wegweisung für das Zusammeleben mit Muslimen“ (2002):

1. Grundsätzliche Feststellungen:

[…] (6) Juden und Christen halten an ihren heiligen Schriften fest in der Überzeugung, dass sie in diesen die authentischen Urkunden für Gottes sich in der Geschichte offenbarendes, rettendes und segnendes handeln besitzen […]
(10) Christen können ihrerseits den Islam nicht als reformierten christlichen Glauben ansehen.
(11) … Allah und der Gott der Christen sind nicht identisch. […]

2. Muslimen begegnen:

[…] (17) Als Christen sehen wir in dem Muslim, ganz gleich welcher Nationalität und religiöser Richtung er angehört und welche gesellschaftliche Stellung er innehat, ein Geschöpf Gottes, das aus väterlicher und göttlicher Güte und Barmherzigkeit geschaffen ist und durch ihn erhalten wird. […]
(22) … Die christliche Liebe respektiert die Religion des muslimischen Nachbarn oder Arbeitskollegen als Teil seiner Identität. Der christliche Glaube aber sieht im Islam seinen Konkurrenten und Herausforderer, mit dem keine Kompromisse möglich sind.
(23) Wer hier nachgibt, der schämt sich des Evangeliums und des Herrn Christus und gibt den Glauben und die wirkliche Liebe preis. … Wer behauptet, seinen muslimischen Nachbarn zu lieben, aber nicht will, dass sich dieser zum christlichen Glauben bekehre, der täuscht sich selber. Daher gehört das christliche Zeugnis als wichtige Aufgabe zum Zusammensein der Christen mit den Muslimen. […]
(27) Die in dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus sichtbar gewordene Liebe Gottes treibt uns zur Mission. […] Christliche Mission ist vom Geist der Liebe Gottes bestimmt und beachtet, dass Raum bleibt für die Annahme oder Ablehnung des christlichen Glaubens. Diese Haltung verbietet Kreuzzüge in jeder Gestalt … […] (28) Bei der missionarischen Weitergabe des Glaubens ist der Tendenz zu widerstehen, die Unterschiede zwischen Islam und christlichen Glauben zu minimieren. […] Es ist dem Evangelium nicht angemessen, nur um eines Dialogs willen auf die Bezeugung der ganzen biblischen Wahrheit zu verzichten. […]

Als Missionswerk der SELK ist für die Lutherische Kirchenmission auch wichtig, im ökumenischen Kontext missionarisches Zeugnis zu geben.

Sie tut dieses unter dem Vorzeichen, wie es in der Charta Oecumenica heißt: „Die wichtigste Aufgabe der Kirchen in Europa ist es, gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat für das Heil aller Menschen zu verkündigen. Angesichts vielfältiger Orientierungslosigkeit, der Entfremdung von christlichen Werten, aber auch mannigfacher Suche nach Sinn sind die Christinnen und Christen besonders herausgefordert, ihren Glauben zu bezeugen. Dazu bedarf es des verstärkten Engagements und des Erfahrungsaustausches in Katechese und Seelsorge in den Ortsgemeinden. Ebenso wichtig ist es, dass das ganze Volk Gottes gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein vermittelt wie auch durch sozialen Einsatz und die Wahrnehmung von politischer Verantwortung zur Geltung bringt.“ (Charta Oecumenica [ChOec II,2]).

Quellen: HAUSCHILD, Hartmut, KÜTTNER, Wilfried (Hrsg.) Auf festem Glaubensgrund. Fast alles über die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche. Groß Oesingen, 1984 [Artikel Mission (V. Stolle), Volksmission (H.-L. Poetsch)] / HOLSTEN, W.: Missionen, deutsche I. Ev. Missionen, RGG³. / LUTHERISCHE CHRISTEN UND JUDEN. Dokumentation zum Selbstverständnis und zu den Zielsetzungen des Arbeitskreises der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche für Zeugnis unter den Juden e.V. Herausgegeben vom Arbeitskreis der SELK für Zeugnis unter den Juden e.V. 1998 / ÖKUMENISCHE VERANTWORTUNG. Eine Handreichung für die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche, herausgegeben von der Kirchenleitung der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. 1994. / WEGWEISUNG für evangelisch-lutherische Christen für das Zusammenleben mit Muslimen in Deutschland. Eine Wegweisung herausgegeben von der Kirchenleitung der SELK, 2002 / DIE AUFGABE DER KIRCHE IN DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT. Handreichung kirchliche Entwicklungszusammenarbeit. Hannover, März 2005 (unveröffentlicht, in Druck).
NIETZKE, Markus: Das Missionsverständnis in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche und deren Missionswerk, der Lutherischen Kirchenmission. Aspekte lutherischer Mission im Kontext von Ökumene und Religionsvielfalt in Deutschland. [Stand: März 2005]