Neu anfangen – die große Chance der Beichte

Dass es im Leben nicht immer glatt und problemlos läuft, ist eine gemeinhin menschliche Erfahrung. Die Bibel benennt dies und bezeichnet es als Schuld gegenüber unseren Mitmenschen und Sünde Gott gegenüber. Wenn die Bibel von Schuld und Sünde spricht, nimmt sie nicht menschliche Maßstäbe als Richtschnur. „Ich bin doch ein ganz anständiger Mensch, halte mich an die Gesetze, spende für einen guten Zweck und gehe, zumindest meistens, ordentlich mit meinen Mitmenschen um.“ Das will hier auch keiner bestreiten, dass dem so ist. Dennoch sind das menschliche Richtlinien. Nach Gottes Bestimmungen (10 Gebote) sieht das anders aus. In Gottes Augen scheitern wir tagaus tagein an den 10 Geboten. Neben den Übertretungen der 10 Gebote, ist es auch die Grundeinstellung eines jeden Menschen Gott gegenüber. Die lutherischen Bekenntnisschriften bezeichnen diese Auflehnung Gott gegenüber als Hauptsünde bzw. als Erbsünde. So lesen wir im Augsburger Bekenntnis von 1530 hierzu:

Weiter wird bei uns gelehrt, dass durch Adams Fall (1. Mose 3) alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, dass sie alle von Mutterleib an voll Neigung und Lust zum Bösen sind und von Natur aus keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können. Auch wird gelehrt, dass dieses angeborene Übel, diese Erbsünde, wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den heiligen Geist von neuem geboren werden. Damit werden die Pelagianer und andere verworfen, die die Erbsünde nicht als Sünde halten, um dadurch die (menschliche) Natur aus eigenen Kräften Gott wohlgefällig (urspr.: fromm) zu machen, und die so das Leiden und Verdienst Christi verachten.

(Aus: Evangelisch-Lutherisches Kirchengesangbuch S. 1239)

Schuld und Sünde sind nach Aussagen der Bibel und damit auch der lutherischen Bekenntnisschriften das Hauptproblem des Menschen. Die Bibel sieht das realistisch. Die Lutherische Kirche redet von Schuld und Sünde, weil es die Bibel tut, dann aber auch, weil es die Wirklichkeit der menschlichen Existenz ist. Gottes Wort und auch die Lutherische Kirche nehmen den Menschen, gerade auch in seinen Unzulänglichkeiten und Verfehlungen, ernst. Schuld und Sünde auf der einen Seite und Gemeinschaft mit dem heiligen Gott passen nicht zueinander. Die Frage ist, wie dieser garstige Graben überwunden werden kann und Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch wieder hergestellt werden kann.

Auftrag!

Jesus Christus hat der Kirche den Auftrag und die Vollmacht gegeben Sünden zu vergeben oder aber, wenn ein Mensch nicht von seinem alten Leben umkehrt, die Sünden zu behalten: „Jesus sprach zu seinen Jüngern: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“ (Johannes 20,21-23).

Zwei Seiten der Beichte!

Zur Beichte gehört einmal, dass wir unsere Schuld, Sünde, unser Sündersein eingestehen und dann das lösende Wort, den Zuspruch der Vergebung Gottes unter Auflegen der Hände durch den Pfarrer empfangen. Es ist unser Herr Jesus Christus selber, der von der Schuld und Sünde freispricht. Er macht dies durch den Mund des Pfarrers und unter Handauflegung des ordinierten Geistlichen. Der Freispruch kommt von außen. Kein Mensch kann sich selber freisprechen. Ziel der Lossprechung ist, dass das alte Leben mit der Vergangenheit unwiderruflich hinter uns liegt. Aus Gottes Vergebung leben wir frei und wir können unseren Alltag aus Gottes Gnade und Vergebung gestalten.

Wer darf beichten?

Christen, die mit ihrer Schuld und Sünde nicht mehr aus noch ein wissen, diejenigen, die vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens stehen, diejenigen, die verzweifelt sind und Angst vor der Zukunft oder dem Tod haben, diejenigen, deren Vergangenheit ihre Gegenwart bestimmt.

Was soll gebeichtet werden?

Vor Gott sollen wir alle Schuld und Sünde bekennen, auch die, die wir nicht erkennen. Vor dem Pfarrer aber brauchen wir nur die Sünden bekennen, die wir wissen und im Herzen fühlen.

Drei Formen der Beichte!

Einmal die Bitte um Vergebung im Gebet: Im Gebet dürfen wir aufgrund unserer Taufe alles vor unseren himmlischen Vater bringen: Mein Gewissen, das mich quält, Glaubensnöte, Übertretungen, Lieblosigkeit…

Weiter gibt es das Beichtgespräch unter Christen: Hat der eine etwas auf dem Herzen, geht der andere auf ihn ein. Dem Beichtenden wird es dann sehr helfen, wenn der andere ihn versteht, annimmt. Beide können sich im Gebet als Sünder dem gegenwärtigen Herrn anvertrauen.

In der Lutherischen Kirche ereignet sich Beichte meist im Beichtgottesdienst vor dem Hauptgottesdienst oder im Hauptgottesdienst direkt nach dem Eingangslied. Ebenso wird auch zur Einzelbeichte (eines Christen vor einem Pfarrer in der Sakristei) eingeladen. Nach einem ausführlichen Gespräch, in dem der Beichtende das benennt, was er als Schuld und Sünde erkennt, erfolgt das Beichtgebet und die Beichtfragen. Das entscheidende ereignet sich, indem der Pfarrer unter Handauflegung den Beichtenden die Vergebung Gottes (Absolution) zuspricht.

Einzelbeichte!

Martin Luther kannte nur die Einzelbeichte vor einem Pfarrer. Der Pfarrer ist zu absoluter Schweigepflicht genötigt. Das Beichtgeheimnis wird auch von Gerichten anerkannt und geachtet.

Beichten – Wie oft?

Es besteht kein Beichtzwang. Wir sind aber immer wieder eingeladen zur Beichte zu kommen, Schuld und Sünde im Namen des Dreieinigen Gottes vergeben zu lassen und von ihm, durch ihn und mit ihm neu anzufangen. Es gibt im Leben von Menschen oftmals wunde Punkte, an denen der Einzelne immer wieder schuldig wird. Auch hier gilt, die Einladung oft zur Beichte zu kommen und von Gott im Glauben an Jesus Christus Vergebung zu erfahren.

Beichten!

Wenn Sie ein Gespräch zur Beichte und zur Seelsorge wünschen, melden Sie sich bitte bei Ihrem Gemeindepfarrer.

Neuanfangen – die große Chance der Beichte. In der Beichte ist das möglich, was auf dieser Erde sonst nirgends möglich ist: Ein echter Neuanfang im Leben mit Gott und ein Neubeginn mit dem Mitmenschen im Alltag. DESHALB: Mut zur Beichte. Sie ist ein großer Schatz in unserer Lutherischen Kirche. Machen wir reichlich gebrauch davon.

Auszug aus dem Kleinen Katechismus von Dr. Martin Luther zum Thema Beichte

Was ist die Beichte?

Die Beichte begreift zwei Stücke in sich: eins, dass man die Sünden bekenne; das andere, dass man die Absolution oder Vergebung vom Beichtiger (Pfarrer) empfange als von Gott selbst, und ja nicht daran zweifele, sondern fest glaube, die Sünden seien dadurch vergeben vor Gott im Himmel.

Welche Sünden soll man denn Beichten?

Vor Gott soll man aller Sünden sich schuldig geben, auch die wir nicht erkennen, wie wir im Vaterunser tun. Aber vor dem Beichtiger (Pfarrer) sollen wir allein die Sünden bekennen, die wir wissen und fühlen im Herzen.

Auszug aus den Schmalkaldischen Artikeln von Dr. Martin Luther über die Beichte

Die Absolution, die Wirkung der Schlüsselgewalt, ist auch eine Hilfe und ein Trost gegen die Sünde und das böse Gewissen; so ist sie von Christus im Evangelium gestiftet worden. Deshalb soll man in der Kirche die Beichte oder Absolution nicht in Abgang kommen lassen.

Beichtgebet:

Allmächtiger Gott, barmherziger Vater, ich armer elender, sündiger Mensch bekenne dir alle meine Sünde und Missetat, die ich begangen habe mit Gedanken, Worten und Werken, womit ich dich jemals erzürnt und deine Strafe zeitlich und ewiglich verdient habe. Sie sind mir aber alle herzlich leid und reuen mich sehr und ich bitte dich um deiner grundlosen Barmherzigkeit und des unschuldigen, bitteren Leidens und Sterbens deines lieben Sohnes Jesu Christi willen, du wollest mir armen sündhaften Menschen gnädig und barmherzig sein, mir alle meine Sünden vergeben und zu meiner Besserung deines Geistes Kraft verleihen. Amen.

Text: P. Markus Büttner